Alleinhaftung des Unfallverursachers trotz Überschreiten der Autobahnrichtgeschwindigkeit durch den Geschädigten

Urteil des Amtsgerichts Oberndorf a.N. vom 15.08.2018, Az.: 4 C 122/17

Das Amtsgericht Oberndorf hat bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesautobahn A 81 zwischen einem, auf der linken Spur fahrenden und die Richtgeschwindigkeit überschreitenden, Pkw mit einem Spurwechsler einen Schadenersatzanspruch von 100 % der geltend gemachten Ansprüche zuerkannt.

Der Kläger war mit seinem Pkw auf der linken Spur der Autobahn A 81 zur Mittagszeit mit – vom Sachverständigen festgestellten – 130 bis 150 km/h unterwegs, als ein auf der rechten Fahrspur fahrendes Wohnmobil auf die linke Fahrspur wechselte.
Um einen seitlichen Aufprall zu vermeiden, war der Kläger so weit nach links zur Mittelleitplanke hin ausgewichen, dass er an dieser entlang streifte. Zu einer Berührung zwischen dem Fahrspurwechsler und dem klägerischen Fahrzeug war es nicht gekommen.

In der Rechtsprechung wird bei Konstellationen, in denen ein Fahrzeug auf der Autobahn auf die Überholspur wechselt, auf welches ein anderes Fahrzeug mit einer höheren Geschwindigkeit als die Richtgeschwindigkeit auffährt, in der Regel eine Mithaftung des Auffahrenden in Höhe der normalen Betriebsgefahr angenommen.
Ein Mitverschulden hat das Gericht in diesem Fall abgelehnt, weil der Fahrspurwechsler den beabsichtigten Fahrstreifenwechsel nicht erkennen und damit reagieren konnte. Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs tritt – nach Auffassung des Amtsgerichts Oberndorf – trotz der nicht eingehaltenen Richtgeschwindigkeit, hinter dem groben Verstoß aus dem sorgfaltswidrigen Fahrspurwechsel des Wohnmobils gemäss § 7 Abs. 5 StVO zurück.